19. Februar bis 1. November 2015 im Liechtensteinischen Landesmuseum.
Diese Ausstellung entsteht in Zusammenarbeit mit Mathias Marxer Est, Atelier für Visuelle Gestaltung, Triesen, Fürstentum Liechtenstein.
Abbildung: Keyvisual und Logo zur Ausstellung Bilder der Ausstellung im Landesmuseum, Bilder des Begleitbuches zur Ausstellung.
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Ähnlich zu Alexander dem Grossen (356–323 v. Chr.) auf seinem Weg nach Indien war Napoleon mit etwa 38‘000 Soldaten in den Orient aufgebrochen. Am 19. Mai 1798 fuhren 328 französische Schiffe in geheimer Mission von Toulon nach Ägypten, um das Land zu erobern und den Engländern diesen Weg nach Indien abzuschneiden. Napoleon brachte aber nicht nur Soldaten, sondern auch viele Wissenschaftler, Künstler, Schriftsteller und Musiker nach Ägypten. Sie sollten, wie bei den grossen Herrschern der Antike üblich, zum Ruhm Napoleons beitragen. Allein 167 Mitglieder des «Institut de France», das die grössten französischen Forscher der Zeit versammelte, erforschten, dokumentierten und sammelten im Auftrag von Napoleon alles, was sie zu Gesicht bekamen. Später verfassten sie darüber, von Napoleon natürlich unterstützt, prachtvolle Bücher, die zugleich damit ihren Gönner verherrlichten.
Napoleon war sich, in antiker Tradition stehend, sehr wohl bewusst, dass er sich nur verewigen konnte, wenn er sich auch aller Möglichkeiten künstlerischen Schaffens bediente und durch Werke in Musik, Literatur und Kunst immer wieder auf sich aufmerksam machen konnte. Besonders «dauerhafte Werke» waren wichtig und er erkannte richtig, dass neben Bauwerken und Steinskulpturen noch mehr die Münzen und Medaillen alle Zeiten überstanden. So überlebten bis in seine Zeit die Porträts aller römischen Kaiser dank der römischen Münzen und Medaillen. Versehen waren sie mit Inschriften, die den Namen der Kaiser und ihre Programme propagagierten. Wichtige Ereignisse in der Regierungszeit römischer Herrscher vom 1. bis 3. Jahrhundert n. Chr. wurden vor allem durch in Bronze geprägte Medaillen verewigt. So wünschte Napoleon: «dass auf alle glorreichen oder glücklichen Ereignisse aus der Vergangenheit und der Zukunft der [französischen] Republik Medaillen geprägt werden, und zwar nach dem Vorbild der Griechen und Römer».
Napoleon ernannte Dominique-Vivant Denon (1747–1825), der sich bereits in Ägypten ausgezeichnet hatte, zum Generaldirektor des Zentralmuseums der Künste («Musée central des Arts», das spätere «Musée Napoléon», der heutige Louvre) und zum Leiter vieler wichtiger Kulturinstitutionen und Manufakturen. Zu diesen gehörten u.a. die Manufakturen von Sèvres, Aubusson und der Gobelins, das Kupferstichkabinett, das Medaillen- und Antikenkabinett und die Prägestätte für Münzen und Medaillen («Monnaie et Medailles»). Denon war sich sehr bewusst, welche Verantwortung er bei der Betreuung der Medaillen trug, denn er sagte von diesen, dass sie «die einzigen Zeugnisse des Ruhms, die alle Jahrhunderte überdauern», seien. Zum Konservator erwählte Denon den überaus begabten Schweizer Graveur Jean-Pierre Droz (1746–1823).
Die besten Medaillengraveure der Zeit sollten zwischen 1796 und 1815 über 130 unterschiedliche Medaillen zum Ruhme Napoleons schaffen, die nicht nur seine vielen gewonnenen Schlachten würdigten, sondern auch Errungenschaften wie die Einführung des öffentlichen Unterrichts, den «Code civil», das bis heute in weiten Teilen bestehende Gesetzbuch Frankreichs, die obligatorische Pockenimpfung, die Errichtung pharmazeutischer und medizinischer Hochschulen sowie auch Kunstwerke wie die Statue der sog. Venus Medici und die Eröffnung von Museumssälen.
Mit den Medaillen verherrlichte Napoleon sich und seine Mitkämpfer und suggerierte den Soldaten, dass sie mit jeder Schlacht auch Teil der Geschichte und Helden waren. Selbst seinen Gegnern imponierte Napoleon durch die Medaillen so sehr, dass nicht nur die mit ihm verbündeten Herrscher wie König Max Joseph I. von Bayern
und König Friedrich August von Sachsen, sondern auch seine grossen Gegner wie Zar Alexander I. von Russland, Kaiser Franz I. von Österreich und König Friedrich Wilhelm III. von Preussen es sich nicht nehmen liessen, die Prägestätte aufzusuchen, was durch Prägungen auch verewigt wurde.
Die Medaillen Napoleons wurden bewusst als metallene Geschichte Napoleons geschaffen. Natürlich propagierten sie nur die Ereignisse, in denen Napoleon strahlte oder sich strahlen sah. Sie sind aber zugleich ein wichtiges Zeugnis seines Werdegangs und seiner Gedanken. Erhabenheit, Grösse und Macht zeichnen die Medaillen aus und damit fügten sie sich bestens in den von Napoleon gewünschten Stil ein, den nach seiner Kaiserzeit benannten Empirestil, der vor allem die Antike in neuer Klitterung noch grossartiger wiedergeben sollte. So wollte sich Napoleon in die Reihe der grossen antiken Herrscher eingereiht und doch noch grösser als diese sehen. Die Medaillen wirken daher auch in ihrer aussergewöhnlichen Qualität und Erhabenheit, die ewige Grösse vermitteln sollen. Die Darstellungen orientieren sich direkt oder im Stil an antiken Bildwerken und am antiken Kunstempfinden. Anspielungen an antike Kunstwerke wie die Venus Medici und Bildchiffren wie jegliche Art von Personifikationen, Helden und Göttern sind Leitmotive. So entstanden kleine Kunstwerke, die man im Sinne des Begründers der archäologischen und kunsthistorischen Wissenschaften, Johann Joachim Winckelmann (1717–1768), wie die antiken Werke mit dem Prädikat versehen könnte: «Edle Einfalt, stille Grösse».
Vorwort aus dem Begleitbuch zur Ausstellung 'Die Ära Napoleon im Spiegel seiner Medaillen' von Prof. Dr. Rainer Vollkommer, Liechtensteinisches Landesmuseum.
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